Einleitung
Muskelverletzungen machen ca. 30 % aller Sportverletzungen aus. Ihre Bedeutung wird oft unterschätzt, so dass nicht selten aus einer nicht ausgeheilten kleinen Muskelverletzung eine nachfolgende, größere Verletzung resultiert. Die Folgen sind lange Trainings- und Wettkampfpausen ggf. sogar Dauerschäden. Erste Massnahme bei Muskelverletzung: Die PECH-Regel! Wenn dieses Prinzip schnell angewendet wird, kann Rekonvaleszenz verkürzt und schneller in den Sport zurückgekehrt werden:
Pause -> Verhindert das die Verletzung grösser wird
Eis -> Kühlung verlangsamt die Durchblutung und damit die Schwellung
Compression -> Das Einwickeln oder „Tapen“ der betroffenen Stelle wirkt ebenfalls der Schwellung entgegen
Hochlagern („Beine hoch legen“) -> verringert die Durchblutung und verbessert den Abfluss
Abbildung: Anwendung Pech-Regel bei Sportler mit Kompression & Eis. aus Hotfiel, T., et al. (2021), ‚Quantifiable Contrast-Enhanced Ultrasound Explores the Role of Protection, Rest, Ice (Cryotherapy), Compression and Elevation (PRICE) Therapy on Microvascular Blood Flow‘, Ultrasound Med Biol, 47 (5), 1269-78.
Die Anamnese der Verletzung gibt häufig einen ersten Hinweis auf eine Muskelverletzung. Bei den direkten Muskelverletzungen erleidet der Spieler einen meist heftigen Körperkontakt mit einem Gegenspieler. Diese verursachen zwar oft schmerzhafte Einblutungen, heilen aber aufgrund der meist intakten Muskelfasern besser als die „indirekten“ Verletzungen.
Die indirekten Muskelverletzungen treten auf ohne (Gegner)Kontakt, z.B. beim Sprint. Sie werden in ultrastrukturelle und strukturelle Verletzungen unterteilt. Erstere ohne Faserruptur, im Sinne einer neurogenen Muskelverhärtung oder einer „Zerrung“. Die Athleten sprechen häufig davon, dass „der Muskel zugemacht“ hat. Die strukturellen Verletzungen teilen wir ein in Faserriss, Bündelriss und Komplettruptur. Oft kann der Unfallhergang noch einmal im Video angeschaut werden, dies kann wichtige Hinweise auf das Ausmaß der Verletzung liefern.
Zur Diagnostik stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. Die körperliche Untersuchung kann den genauen Ort der Verletzung bzw. den betroffenen Muskel ausfindig machen. Das Ultraschallgerät (Sonografie) ist hervorragend geeignet, um nach Einblutungen in der Muskulatur zu suchen. Grosse Hämatome sollten nach Möglichkeit abpunktiert werden. Zur Bilanzierung grösserer Verletzungen kommt häufig das MRT (Kernspintomogramm) zum Einsatz.
Die Therapie von Muskelverletzungen kann meist konservativ erfolgen. Der Heilungsprozess kann durch medizinische Maßnahmen aus dem Profisport unterstützt und beschleunigt werden. Zunächst muss das Ausmaß der Verletzung definiert werden. Operative Therapien sind zum Glück sehr selten nötig, nur bei Komplettabriss oder sehnigen Ausrissen an der Ansatzstelle des Muskels muss die Operationsindikation geprüft werden.
Die Heilung der Verletzung hinterlässt je nach Schwere der Verletzung eine kleinere oder grössere Narbe. Falls diese über längere Zeit schmerzhaft sein sollte, gibt es die Möglichkeit der Injektionstherapie. Im Professionellen Sport werden Spritzen zum Beispiel eingesetzt, um die Spannung aus dem verhärteten Muskel zu nehmen (Betäubungsmittel und pflanzliche Präparate). Entscheiden für einen optimalen Heilungserfolg ist selbstverständlich, dass zunächst die exakte Diagnose gestellt wird. Im Wesentlichen stützt sich die Behandlung auf folgende Säulen:
- aktive Maßnahmen des Patienten
- Physiotherapie
- adäquater Trainingsaufbau
- medikamentöse Therapie (Salben-, Tabletten- und Spritzenbehandlungen)
Natürlich ist die Ausfallzeit eines Spielers länger, je schwerer die Verletzung ist. Nach einer Muskelverletzung sollte ein Sportler grundsätzlich erst nach vollständiger Beendigung des Heilungsprozesses wieder an Wettkämpfen teilnehmen, also erst dann, wenn er unter intensivem Training beschwerdefrei ist.
Muskelkater
Symptome
Sich langsam während der Belastung entwickelnde Schmerzen in umschriebenen Muskelabschnitten mit Beschwerdezunahme bei steigender Belastungsdauer, in krampfartigen Schmerzen endend; Stretching der betroffenen Muskelanteile ist deutlich schmerzhaft.
Ursachen
Meist mangelnde Vorbereitung (Aufwärmung, Stretching), zu intensive Belastung (lokale Ermüdung), muskuläre Dysbalancen, falscher Trainingsaufbau oder auch Mineralverluste durch starkes Schwitzen führen zu einer umschriebenen, schmerzhaften Spannungserhöhung der Muskulatur. Die Kontinuität der Muskelfaser bleibt erhalten, die Grenze ihrer Dehnungselastizität ist erreicht, nicht aber überschritten; keine verletzungsbedingte Einblutung; keine Dellenbildung in der Muskulatur.
Therapie
Sport unmittelbar beenden; sofortige Kühlbehandlung zur Schmerzlinderung und Tonusminderung der Muskulatur. Optimal hierzu ist milde Kälte z.B. mittels in Eiswasser getränkter Kompressionsverbände (hot ice) oder spezieller Kühlpasten. Achtung: keine direkte Eisanwendung oder Eissprays, da zu starke Unterkühlung zu Gewebeschäden führen kann. Anschließend dosierte Stretching-Übungen. 3-5 Tage Trainings- und Wettkampfpause, ab 1. Tag Stoffwechselanregung durch z.B. leichte Lauf- oder Radergometerbelastung, danach Dehnungsübungen. Achtung: nur im schmerzfreien Bereich belasten, keine Schellkraftbewegungen; begleitend Massagen, Elektrotherapie, Wärme, ggf. Magnesiumeinnahme, ggf. Injektionen mit homöopathischen oder biologischen Medikamenten.
Muskelzerrung
Symptome
Sich langsam während der Belastung entwickelnde Schmerzen in umschriebenen Muskelabschnitten mit Beschwerdezunahme bei steigender Belastungsdauer, in krampfartigen Schmerzen endend; Stretching der betroffenen Muskelanteile ist deutlich schmerzhaft.
Ursachen
Meist mangelnde Vorbereitung (Aufwärmung, Stretching), zu intensive Belastung (lokale Ermüdung), muskuläre Dysbalancen, falscher Trainingsaufbau oder auch Mineralverluste durch starkes Schwitzen führen zu einer umschriebenen, schmerzhaften Spannungserhöhung der Muskulatur. Die Kontinuität der Muskelfaser bleibt erhalten, die Grenze ihrer Dehnungselastizität ist erreicht, nicht aber überschritten; keine verletzungsbedingte Einblutung; keine Dellenbildung in der Muskulatur.
Therapie
Sport unmittelbar beenden; sofortige Kühlbehandlung zur Schmerzlinderung und Tonusminderung der Muskulatur. Optimal hierzu ist milde Kälte z.B. mittels in Eiswasser getränkter Kompressionsverbände (hot ice) oder spezieller Kühlpasten. Achtung: keine direkte Eisanwendung oder Eissprays, da zu starke Unterkühlung zu Gewebeschäden führen kann. Anschließend dosierte Stretching-Übungen. 3-5 Tage Trainings- und Wettkampfpause, ab 1. Tag Stoffwechselanregung durch z.B. leichte Lauf- oder Radergometerbelastung, danach Dehnungsübungen. Achtung: nur im schmerzfreien Bereich belasten, keine Schellkraftbewegungen; begleitend Massagen, Elektrotherapie, Wärme, ggf. Magnesiumeinnahme, ggf. Injektionen mit homöopathischen oder biologischen Medikamenten.
Muskelfaserriss
Symptome
Messerstichartiger Schmerz in der Muskulatur, ohne Vorwarnzeichen; typischerweise bei Schnellkraft-Beanspruchung (Sprint- oder Sprungdisziplinen, Ballsportarten etc.) insbesondere auch bei plötzlichem Anhalten und Abbremsen (exzentrische Belastung), rascher Beschleunigung (konzentrische Belastung) oder einer Kombination aus beiden. Ein Muskelfaserriss zeigt immer eine begleitende Einblutung in die Muskulatur (Hämatom); je nach Schweregrad mehr oder weniger große
Delle im Muskelverlauf tastbar.
Ursachen
Schlechte Vorbereitung, fehlendes Aufwärmen, mangelnde Dehnung, plötzliche, sehr starke Muskelanstrengung aber auch eine nicht ausgeheilte Verletzung oder Funktionsstörung wie z.B. Muskelzerrung kann zum Riss einzelner oder mehrerer Muskelfasern führen. Meist ohne direkten Gegnerkontakt.
Diagnose
subtile klinische Untersuchung, Ultraschall- oder Kernspin-Untersuchung (MRT).
Therapie
Sofortige Sportpause und unmittelbares therapeutisches Handeln erforderlich: Jede versäumte Minute bei der Erstversorgung kann bei der Regeneration einen Tag Zeitverlust bedeuten! Sofortiges Kühlen und Anlegen eines breitflächigen Kompressionsverbandes (Eiskompressen, Kühlpasten); zur Verhinderung einer größeren Einblutung kalten Druckverband 20 Minuten belassen, fünf Minuten lösen und wieder für 20 Minuten anlegen. Diesen Prozess ca. vier bis fünfmal wiederholen. Danach kühlenden Salbenverband für mehrere Stunden belassen, verletzte Muskelregion hochlagern und nicht belasten. Ggf. Einnahme von Entzündungshemmern (Diclofenac, Ibuprofen, Enzyme etc.) Meist 3-6 Wochen Trainings- und Wettkampfpause, intensive Nachversorgung mit dem Ziel einer belastungsfähigen möglichst kleinen Muskelnarbe: zunächst intensive Physiotherapie mit Lymphdrainage und Elektrotherapie zur lokalen Abschwellung, sanfter Massage der umgebenden Muskulatur zur Tonusminderung, Mobilisierung der umgebenden Gelenke, ggf. lokale Infiltrationsbehandlung mit homöopathischen oder biologischen Medikamenten, ggf. entlastende Verbände (Tape etc.). Ab ca. 5. Tag erste sanfte aktive Belastung wie Joggen, Radergometer o.ä. zur Stoffwechselaktivierung sowie leichtes Stretching. Belastung im schmerzfreien Bereich sanft steigern. Erste milde Schnellkraftbelastung frühestens ca. 3 Wochen nach der Verletzung, ansonsten hohes Wiederverletzungsrisiko.
Abbildung: Ultraschallbild Muskelfaserriss
Muskelbündelriss / Muskelriss
Symptome
Akutes Ereignis mit sehr stark auftretendem Schmerz; Symptome vergleichbar mit Muskelfaserriss, jedoch insgesamt stärker ausgeprägt. Unterbrechung der Muskelkontinuität beim kompletten Muskelriss (Riss 3. Grades / Muskelabriss), vollständige Trennung des Muskelbauches tastbar, ggf. Auftreibung sichtbar, sofern der Muskel zur Sehne hin „zusammenschnurrt“.
Ursachen
Direkte Anpralltraumen bei Kontaktsportarten, gehäuft auch nach Einnahme von Anabolika.
Diagnose
Ultraschall- ggf. Kernspin Untersuchung (MRT) zur genauen Beurteilung sowie zum Erkennen von Begleitverletzungen erforderlich.
Therapie
Je nach betroffenem Muskel, Schwere der Verletzung, Alter und Ambitionen des Sportlers, Wiederherstellung der vollen Funktionsfähigkeit in der Regel nur operativ möglich, ansonsten siehe Abschnitt „Muskelfaserriss“. Mögliche Komplikation: Knochenbildung in der verletzten Muskulatur (Myositis ossificans), Funktionsdefizit.
Abbildung: MRI Muskelabriss
Muskelkrampf
Symptome
Akute krampfartige Spannungsvermehrung und Zwangshaltung in den betroffenen Muskelabschnitten, aktive willkürliche Bewegungen nicht mehr möglich. Funktionsstörung tritt gehäuft auch nachts auf.
Ursachen
Elektrolytverlust durch starkes Schwitzen ohne ausreichende Flüssigkeits- und Mineralzufuhr, Überbelastung, vor allem der Wadenmuskulatur durch Fußfehlformen, falsche Schuhwerk, insuffiziente orthopädische Einlagen, Durchblutungsstörung durch zu eng angelegte Bandagen, Orthesen oder Verbände, muskuläre Dysbalance.
Therapie
Sofortige Dehnung, Kältetherapie, ggf. Salbentapeverband, ausreichende Flüssigkeits- und Mineralzufuhr, Behandlung evtl. orthopädischer Ursachen (Fußfehlformen, Beinlängendifferenz, muskuläre Dysbalance). Prophylaxe durch adäquate Flüssigkeitssubstitution während des Sports und intensivem cooling down und Stretching unmittelbar nach dem Sport.
Muskelprellung („Pferdekuss“)
Symptome
Schmerzhaftes großflächiges Muskelareal, berührungs- und druckempfindlich, ggf. Schwellung oder Fluktuation tastbar, später Bluterguss sichtbar. Genaue Ausdehnung der Verletzung nur sonografisch bestimmbar; möglich sind ausgeprägte intramuskuläre Einblutungen; Kompartment-Syndrom als wichtigste Komplikation die u.U. operative Intervention notwendig macht.
Ursachen
Direkte äußere Gewalteinwirkung wie Tritt, Schlag o.ä. führen zu Gewebequetschung mit Einblutung in die Muskulatur. Häufig ungenügende Schutzkleidung des Sportlers mitverantwortlich.
Therapie
In Abhängigkeit des Schweregrades ggf. kurze bis zu wenigen Tagen andauernde Sportpause, Kühlung, Kompressionsverband, Hochlagerung, abschwellende und entzündungshemmende Medikamente, ggf. frühzeitige Elektrotherapie und Lymphdrainage zur Abschwellung.
Abbildung: grosses Hämatom