Einleitung
Bei dir wurde ein Schaden am Kreuzband festgestellt und wir haben dir eine Kreuzband-Operation empfohlen?
Als erstes werden wir auf die Grundlagen eingehen, die für das Verständnis wichtig sind, dann werden wir die Vor- und Nachteile einer Kreuzband-Operation darstellen und dich dann „mit in eine virtuelle OP nehmen“. Im Anschluss werden wir dir erklären, wie ein Nachbehandlungsschema einer Kreuzband OP aussieht. Wichtig ist hier, dass sich dieses je nach Begleitverletzungen und individueller Situation leicht unterscheiden kann.
Das Kreuzband
Ein Band im medizinischen Sinne ist eine Verbindung zwischen 2 Knochen. Im Kniegelenk haben wir zwei verschiedene Kreuzbänder. Nämlich zum einen das vordere (VKB oder ACL) und das hintere Kreuzband (HKB oder PCL). Diese befinden sich in der Mitte des Gelenks und sind schrägverlaufend, sodass sie sich kreuzen (siehe Bild). Daher auch der Name. Die Bänder stabilisieren das Kniegelenk
Typische Schäden am Kreuzband
Typischer Weise kommt es bei einem Unfall mit Drehbewegung (wie z.B. beim Skifahren oder Fussballspielen) zum Zerreissen des vorderen Kreuzbandes (VKB). Die Untersuchung durch den Arzt und das MRI lassen die Diagnose meist schnell zu. Ein hinterer Kreuzbandriss ist eher selten, allerdings auch schwieriger zu behandeln.
Therapiemöglichkeiten
Bei einem Kreuzbandriss können unterschiedliche Behandlungen zum Einsatz kommen. Das erste ist die konservative (nicht-operative) Behandlungsmöglichkeit. Dies entspricht im Wesentlichen einer vorübergehenden Stabilisierung in einer Schiene, welche das Gelenk solange schützt, bis das Band narbig verwachsen ist.
Alternativ kommen operative Techniken zum Einsatz. Hier sprechen wir von einer Kreuzband-Rekonstruktion. Der Begriff Kreuzbandplastik wird auch oft verwendet, ist unserer Meinung nach allerdings nicht ideal, da es sich nicht um einen Kreuzbandersatz, sondern im besten Fall um eine anatomische Wiederherstellung (Rekonstruktion) handelt.
Hierfür können eine Vielzahl von Operationstechniken in Frage kommen. Diese unterscheiden sich vor allen Dingen in der Wahl des Ersatzgewebes. Also in der Art des Materials, welches zur Wiederherstellung verwendet wird. Am häufigsten, werden Sehnen vom eigenen Körper verwendet. Hier können z.B. die Sehnen der hinteren Oberschenkelmuskulatur (M. semitendinosus oder M. gracilis) verwendet werden. Diese werden über einen kleinen Schnitt am inneren Knie entnommen. Als Alternative kommen die Sehne des Oberschenkelstreckmuskels (Quadrizepssehne) oder der Sehne unter der Kniescheibe (Patellasehne) zum Einsatz. Neben diesen körpereigenen Sehnen (Autograft) gibt es auch die Möglichkeit Fremdsehnen (Allograft) z.B. Leichensehnen oder Kunststoffe zu verwenden. Diese sind aber eher selten notwendig.
Empfehlungen (Vor- und Nachteile)
Vor allem das Alter und das körperliche Leistungsprofil spielen bei der Wahl der Behandlung eine Rolle. Bei sportlichem Patienten in Sportarten mit hoher Kniegelenksbelastung empfehlen wir tendenziell eher eine Kreuzband-Operation. Auch ist bei Instabilität des Kniegelenkes oder bei einigen Begleitverletzungen eine Operation zu empfehlen.
Alternativ kann auch die konservative Therapie ausgetestet werden. Die Kreuzband OP wird in der Regel erst durchgeführt, wenn das Knie wieder eine gute Bewegung hat und nicht mehr zu stark angeschwollen ist.
Operation
Wenn eine Kreuzband-Operation nötig ist, werden wir dich in der Sprechstunde über alle vorhersehbaren Umstände aufklären und diese mit dir besprechen.
Die Operation kann prinzipiell in einer Rückenmarksnarkose oder in Vollnarkose durchgeführt werden. Beides hat unterschiedliche Vor- und Nachteile. Diese wird dein Narkosearzt vor der Kreuzband-OP mit dir besprechen. Bei einer Rückenmarksnarkose bist du wach und wirst vielleicht einige der Folgenden Bilder wiedererkennen.
In der Regel werden die Eingriffe im Rahmen einer Arthroskopie (Gelenksspiegelung) durchgeführt. Hierbei wird eine feine Kamera über einen kleinen Schnitt in das Gelenk eingebracht und die weiteren Instrumente über einen weiteren kleinen Schnitt.
Nach der Vorbereitung kommst du in den OP-Saal. Dein Bein wird zunächst „gelagert“ das heisst, es wird ggf. rasiert, es wird eine Blutdruckmanschette um deinen Oberschenkel angelegt. Diese kann aufgeblasen werden um den Blutfluss in dein Bein zu verringern. Das erleichtert uns die Sicht. Ausserdem kann eine spezielle Vorrichtung an dein Bein montiert werden oder das Bein auf eine Art „Leiter“ gestellt werden um während der Kreuzband OP das Bein so zu bewegen, dass man die jeweilig interessanten Strukturen sehen kann.
Bei der Vorbereitung kann es sein, dass du siehst, wie wir dein Bein bewegen. Dies wird von vielen Patienten als ein komisches Gefühl beschrieben. Als nächstes wird das Bein mit einer speziellen Desinfektionslösung gewaschen. Dann wird das Operationsfeld (also dein Knie) mit grossen Tüchern abgedeckt und du siehst für einen Moment nichts von dem was weiter passiert. Es werden die unterschiedlichen Instrumente Vorbereitet (siehe Bild).
Es erfolgt ein Team-Time-Out. Hier wird kurz deine Identität, die geplante OP und ggf. Besonderheiten besprochen. Jetzt startet die Kreuzband-OP. Der Operateur macht einen Hautschnitt auf der Innenseite deines Knies. Hier sucht er die Sehnen der Hamstrings auf und entnimmt diese. Diese werden vom Assistenten übernommen und zu deinem „neuen Kreuzband (Transplantat) verarbeitet“. Das linke Bild zeigt das Transplantat wie es fast fertig ist.
Der Operateur macht in der Zwischenzeit weiter mit der Gelenkspiegelung (Arthroskopie) und macht zunächst einen Schnitt etwas unterhalb der Kniescheibe, neben der Sehne. Hier wird die Kamera eingebracht und du kannst deine Kreuzband-Operation ab jetzt live am Monitor mitverfolgen.
Als erstes wird ein sogenannter diagnostischer Rundgang durchgeführt. Hier gehen wir alle Strukturen des Gelenks ab. Dies um zu schauen, ob die im MRI gesehenen Verletzungen auch wirklich so vorliegen oder ob z.B. noch ein Begleitschaden sichtbar ist. Bei diesem Patienten haben wir z.B. einen Knorpelschaden mit freiem Knorpelstück gesehen. Über einen zweiten Schnitt wird ein Tasthaken eingebracht. Den siehst du auf dem zweiten Bild. Dieser wirkt immer sehr gross, ist aber in Wirklichkeit nur einige Millimeter klein. Die Vergrösserung kommt durch die Kamera zustande. Im dritten Bild siehst du das vordere Kreuzband. Dieses lässt sich mit dem Tasthaken sehr stark bewegen (Bild 4). Dies ist nicht normal und durch den Riss bedingt. Nun werden weitere Instrumente wie z.B. das unten abgebildete genutzt um die Kreuzbandreste zu Entfernen (Bild 5).
Jetzt werden mit einem Draht und Bohrern Löcher in deinen Ober- und Unterschenkelknochen gebohrt. Diese verlaufen etwa wie auf dem rechts gezeigten Bild sichtbar. Das Bild daneben zeigt die Sicht durch die Kamera vom Gelenksinneren in den Bohrkanal.
Nun wird das Transplantat „eingezogen“. Das siehst du auf dem unteren linken Bild. Auf den anderen Bildern siehst du das Transplantat in seiner endgültigen Position.
Sollten keine weiteren Eingriffe nötig sein, ist die Kreuzband-Operation nun zu Ende. Es wird ein kleiner Schlauch (Drainage) durch einen der Schnitte in das Gelenk gelegt. Die Wunde zugenäht und ein Pfasterverband angelegt. Im Anschluss wird dein Bein eingewickelt und du bekommst noch eine Schiene.
Nachbehandlung
Nach der Kreuzband-OP werden deine Belastung und die Bewegungsumfänge wie folgt eingegrenzt:
15 kg Teilbelastung an Stöcken für 2-3 Wochen (solange braucht du auch eine Blutverdünnung). Vollbelastung und Start des Muskelaufbaus ca. nach 3-4 Wochen.
Dein Bewegungsausmass liegt bei 90/0/0° für 6 Wochen. Du bekommst eine Schiene und eine spezielle Bewegungsschiene (Kinetec-Schiene).
Schwellungen und leichte Schmerzen nach einer solchen Operation sind für die ersten Wochen normal. Wir helfen dir hier im Bedarfsfall aber, sodass du keine Angst haben brauchst.
Sport nach der OP empfehlen wir wie folgt:
Fahrrad fahren auf der Strasse: | nach 6 Wochen |
Joggen: | nach 3 Monaten |
Schwimmen: | Crawl nach 3 Monaten, Brust nach 4 Monaten |
Biken: | nach 3 Monaten (Downhill nach 6 Monaten) |
Inline skaten: | nach 5 Monaten |
Spielsportarten, Kampfsport: | nach 6 – 9 Monaten |
Ski/Snowboard: | nach 6 – 9 Monaten |
Dein Prozess wird kontinuierlich durch die Physiotherapie begleitet.
Deine Hautnähte werden in der Regel nach etwas 14 Tagen durch deinen Hausarzt entfernt. Wir sehen dich nach 6 und 12 Wochen zur Kontrolle in der Sprechstunde. Bei Problem natürlich jederzeit. Weitere Kontrollen machen wir nach 6, 9 und 12 Monaten.
Dein Arbeitsausfall richtet sich nach deinem Beruf. Leichte Tätigkeiten (Büro) sind in der Regel bereits nach ca. 2 Wochen zumindest teilweise wieder möglich. Bei körperlichen Berufen ist in der Regel ein Ausfall von min. 12 Wochen zu veranschlagen.
Wir hoffen, du hast jetzt einen kleinen Einblick in die Kreuzband OP und die Abläufe bekommen und fühlst dich gut informiert.
Dein ALTIUS-Team